Ressourcen zum Interim Management

Rechnungen vs. Gutschriften

Einige Provider erstellen Gutschriften und akzeptieren keine Rechnungen von Interim Managern. Eine Einordnung.

Nach bestem Wissen und Gewissen. Keine Rechtsberatung. Kein Anspruch auf Richtigkeit. Keine Gewähr.

Gutschrift vs. klassische Rechnungsstellung für Interim Manager in Deutschland

Rechtliche Rahmenbedingungen

Definition und Zulässigkeit: Eine Gutschrift im umsatzsteuerlichen Sinne ist eine Rechnung, die nicht vom Leistenden, sondern vom Leistungsempfänger ausgestellt wird. Dieses Selbstfakturierungsverfahren ist in § 14 Abs. 2 UStG ausdrücklich vorgesehen. Voraussetzung ist eine vorherige Vereinbarung zwischen den Parteien über dieses Abrechnungsverfahren. Die Gutschrift muss als solche gekennzeichnet sein (das Wort “Gutschrift” muss auf dem Dokument stehen) und erfüllt dieselben Pflichtangaben wie eine normale Rechnung. Rechtlich gilt sie als vollwertige Rechnung.
Wirksamkeitsvoraussetzungen: Damit eine Gutschrift als Rechnung anerkannt wird, muss sie dem Leistenden (hier: dem Interim Manager) zugehen, und dieser darf nicht widersprechen. Widerspricht der Interim Manager dem Gutschrift-Dokument, verliert es die Wirkung einer Rechnung – in diesem Fall müsste stattdessen klassisch abgerechnet werden. Eine Gutschrift ist innerhalb von 6 Monaten nach Leistung auszustellen (wie auch eine normale Rechnung in B2B-Geschäften). Die Vereinbarung des Gutschriftverfahrens bedarf keiner besonderen Form; sie kann im Dienstvertrag oder in den AGB des Providers festgehalten sein und auch mündlich getroffen werden. Handelsrechtlich sind Gutschriften wie Rechnungen zu behandeln, z.B. mit gleicher Aufbewahrungspflicht (10 Jahre nach § 147 AO) und ordnungsgemäßer Verbuchung.
Aktuelle Entwicklungen: Seit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz 2013 wird klar zwischen umsatzsteuerlichen Gutschriften und anderen „Gutschriften“ unterschieden. Eine „kaufmännische Gutschrift“ (z.B. zur Korrektur oder Stornierung einer Rechnung) sollte nicht mehr als Gutschrift bezeichnet werden, um Verwechslungen zu vermeiden. Im Umsatzsteuerrecht ist der Begriff Gutschrift nun eindeutig dem Selbstfakturierungsverfahren zugeordnet. Wichtig ist daher, dass im Abrechnungsdokument bei Selbstfakturierung wirklich “Gutschrift” angegeben ist – fehlt dieser Hinweis, ist der Vorsteuerabzug für den Kunden gefährdet. Insgesamt ist die Gutschrift nach aktueller Rechtslage eine zulässige und anerkannte Abrechnungsform, sofern die genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Steuerliche Implikationen

Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer)

Für die Umsatzsteuer ergeben sich auf den ersten Blick keine Unterschiede im Endergebnis gegenüber einer klassischen Rechnung – die Leistung wird besteuert wie üblich. Allerdings verschieben sich Pflichten in der Abwicklung:
  • Steuerausweis und -abführung: In der Gutschrift weist der Provider (Leistungsempfänger) die Umsatzsteuer aus, sofern der Interim Manager umsatzsteuerpflichtig ist. Dieser Umsatzsteuerbetrag ist vom Interim Manager wie eigene Umsatzsteuer zu behandeln: Er muss die Steuer ans Finanzamt abführen (als Output-Steuer) und der Provider kann sie als Vorsteuer ziehen. Für den Interim Manager gilt also trotz Gutschrift das Prinzip “Steuer nach Leistungserbringung”, ggf. bereits mit Rechnungsstellung. Ist der Interim Manager Ist-Versteuerer (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten), ändert sich nichts daran, dass die Steuer erst mit Zahlung fällig wird – das Gutschriftverfahren selbst beeinflusst die Ist- oder Soll-Versteuerung nicht direkt.
  • Pflichtangaben und Prüfung: Die Gutschrift muss alle gesetzlich geforderten Angaben (Name/Anschrift beider Parteien, Steuernummer/USt-IdNr. des Leistenden, Ausstellungsdatum, fortlaufende Rechnungsnummer, Leistungsbeschreibung, Leistungsdatum, Entgelt, Steuersatz und -betrag, Hinweis auf Aufbewahrungspflicht bei Bauleistungen und den Begriff “Gutschrift”) enthalten. Fehlerhafte Gutschriften können steuerliche Nachteile auslösen. Beispielsweise verliert der Provider den Vorsteuerabzug, wenn Pflichtangaben fehlen oder falsch sind. Für den Interim Manager bedeutet ein Fehler ebenfalls Risiko: Die Gutschrift wirkt gegen ihn, solange er nicht widerspricht. Er muss daher prüfen, ob z.B. Steuersatz, Betrag und eigene Anschrift korrekt angegeben sind. Die Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteile) betont, dass der Gutschriftempfänger gut beraten ist, Gutschriften sorgfältig zu prüfen und sich nicht blind auf den Aussteller zu verlassen. Andernfalls drohen steuerliche Fallstricke (siehe unten).
  • Sonderfall Kleinunternehmer: Ist der Interim Manager Kleinunternehmer nach § 19 UStG (von der Umsatzsteuer befreit), darf in einer Gutschrift keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden – analog wie er selbst keine USt auf Rechnungen ausweisen würde. Sollte ein Provider versehentlich doch Umsatzsteuer in der Gutschrift ausweisen, muss der Interim Manager widersprechen und eine Korrektur (ohne USt) verlangen. Denn als Kleinunternehmer ist er nicht berechtigt, Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen oder einzuziehen. Tut er es dennoch (bzw. lässt es geschehen), drohen Konsequenzen nach § 14c UStG: Der falsch ausgewiesene Steuerbetrag schuldet grundsätzlich der Aussteller der Gutschrift dem Finanzamt. Hat der Interim Manager die fehlerhafte Gutschrift jedoch “akzeptiert” (sich zu Eigen gemacht, z.B. durch vorbehaltlose Nutzung), kann auch er in die Pflicht genommen werden, diese Steuer abzuführen. Dieser Fall sollte unbedingt vermieden werden – im Zweifel also sofort beim Provider auf Berichtigung drängen, falls ein falscher Steuerausweis erfolgt.
  • Zeitpunkt der Steuerentstehung: Bei Soll-Versteuerung (Besteuerung nach vereinbarten Entgelten) entsteht die Umsatzsteuer mit Ausstellung der Gutschrift bzw. spätestens am Ende des Folgemonats nach der Leistung. Da der Provider die Rechnungshoheit hat, kann der Interim Manager den Zeitpunkt der Rechnungsstellung nicht selbst bestimmen – er sollte aber im Vertrag eine zeitnahe Abrechnung (z.B. monatlich) vereinbaren, um keine zu späte Steuerentstehung zu riskieren. Gesetzlich ist der Provider gehalten, innerhalb von 6 Monaten nach Leistung zu fakturieren, was diese Gefahr begrenzt. Bei Ist-Versteuerung zählt der tatsächliche Zahlungseingang; hier hat das Verfahren auf die Steuerentstehung keinen Einfluss, außer dass ein möglicherweise zügigerer Zahlungseingang (siehe praktische Vorteile) die Steuerlast früher fließen lässt, was aber durch den Zahlungseingang gedeckt ist.
  • Fazit Umsatzsteuer: Unterm Strich bleibt der Interim Manager auch beim Gutschriftverfahren für seine Umsatzsteuer verantwortlich. Er muss sicherstellen, dass der vom Provider ausgestellte Beleg korrekt ist und die vereinnahmte Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Der Provider übernimmt zwar die Ausstellung der Rechnung, nicht aber die Steuerhaftung für die Leistung – außer bei Fehlern nach § 14c UStG, wo der Aussteller für unberechtigt ausgewiesene Steuer haftet (den Interim Manager kann dies jedoch ebenfalls treffen, wenn er die falsche Gutschrift akzeptiert). Bei korrekter Handhabung sind die umsatzsteuerlichen Folgen identisch zur klassischen Rechnungsstellung.

Einkommensteuer (Gewinnermittlung)

Für die Einkommensteuer bzw. den zu versteuernden Gewinn des Interim Managers ist es im Grunde unerheblich, ob er eine eigene Rechnung schreibt oder eine Gutschrift vom Kunden erhält. In beiden Fällen handelt es sich um selbständige Einkünfte (Honorar für eine Dienstleistung), die in voller Höhe versteuert werden müssen. Der Interim Manager bleibt Unternehmer und muss sein Honorar versteuern, genau wie andere Selbständige – also Einkommenssteuer auf den Gewinn und ggf. Gewerbesteuer, wenn er gewerblich tätig ist. Wichtig: Durch das Gutschriftverfahren wird der Interim Manager nicht etwa zum Angestellten. Er erhält zwar ohne eigene Rechnung ein „Gutschrift-Dokument“ und Zahlung vom Provider, doch rechtlich ist dies keine Gehaltszahlung, sondern eine selbständige Honorarzahlung mit Umsatzsteuerausweis. Damit liegt weiterhin eine selbständige Tätigkeit vor (sofern der Vertrag als freier Dienstvertrag gestaltet ist). Für die sozialversicherungsrechtliche Bewertung (Stichwort Scheinselbständigkeit) kommt es auf die tatsächliche Vertragsgestaltung und Projektmerkmale an, nicht auf die Art der Abrechnung. Solange der Interim Manager projektbezogen und weisungsfrei über den Provider arbeitet, bleibt er einkommensteuerlich Selbständiger und schreibt de facto „Rechnungen mit USt“ – nur dass diese in seinem Namen vom Provider erstellt werden.
Gewinnermittlung und Timing: Der Interim Manager muss die Gutschriften als Einnahmen in seiner Buchhaltung erfassen. Bei der Ist-Versteuerung und Einnahmen-Überschuss-Rechnung zählt eine Einnahme zum Zeitpunkt des Geldzuflusses – hier ändert sich also nichts, er bucht die Zahlung des Providers als Betriebseinnahme. Bei Soll-Versteuerung bzw. Bilanzierung müsste er Forderungen ausweisen, sobald die Leistung erbracht und abrechenbar ist. In der Praxis stellt die Gutschrift dem Interim Manager diese Forderung quasi automatisch ein: Mit Zugang der Gutschrift hat er eine bestätigte Forderung gegen den Provider. Sollte es hier Timing-Unterschiede geben (etwa Gutschrift im Januar für Leistungen im Dezember), muss er ggf. periodengerecht abgrenzen – ähnlich wie er es bei verspäteter eigener Rechnungstellung auch tun müsste. Grundsätzlich vereinfacht das Gutschriftverfahren aber oft die Buchhaltung: Der Interim Manager erhält vom Provider eine fertige Abrechnungsunterlage, die er direkt verbuchen kann, anstatt selbst eine Rechnung zu erstellen und diese nachzuverfolgen. Die steuerliche Last (Einkommensteuer) bleibt identisch. Es gibt also keinen unmittelbaren einkommensteuerlichen Vorteil oder Nachteil – außer eventuell einem Timing-Effekt bei der Gewinnrealisierung, der aber steuerlich durch Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung vorgegeben ist.

Praktische Vor- und Nachteile (Administration & Finanzen)

Vorteile für Interim Manager (Leistungserbringer)

  • Weniger administrativer Aufwand: Der Interim Manager muss keine eigenen Rechnungen schreiben und versenden – diese Pflicht übernimmt der Provider. Damit entfallen Aufwand für Rechnungserstellung, -versand und -verwaltung (Papierkram, Porto etc.). Gerade bei längeren Projekten mit regelmäßiger Abrechnung bedeutet das Zeitersparnis. Der Interim Manager kann seine Arbeitszeit auf das Projekt konzentrieren, während der Provider die Abrechnung erledigt. Auch das Risiko formaler Rechnungsfehler (fehlende Pflichtangaben, falsche Steuersätze) sinkt, da der professionelle Provider in der Regel korrekte Belege ausstellt.
  • Schnellere Zahlung / Liquiditätsvorteil: Viele Interim-Provider koppeln das Gutschriftverfahren mit schnellen Zahlungszielen. Beispielsweise wird bei einem großen Provider „die Zahlung innerhalb von 10 Tagen garantiert“, da der Provider sofort nach Leistung abrechnet. Der Interim Manager muss nicht erst eine Rechnung stellen und auf deren Fälligkeit warten; vielmehr stößt die Gutschriftanzeige des Providers unmittelbar den Zahlungsprozess an. Dies kann zu verkürzten Zahlungszyklen führen und die Liquidität des Interim Managers verbessern. Außerdem reduziert sich das Mahnwesen für den Interim Manager – er muss seltener hinterherlaufen, weil der Provider in der Regel fristgerecht zahlt. Sollte doch einmal eine Zahlung ausbleiben, hat der Interim Manager zumindest bereits einen anerkannten Rechnungsbeleg (die Gutschrift) in der Hand, den er zur Durchsetzung seines Anspruchs nutzen kann.
  • Klarheit über Abrechnungsbasis: Im Gutschriftverfahren wird oft anhand vorab bestätigter Leistungsnachweise (z.B. vom Kunden gegenzeichnete Stundenzettel) abgerechnet. Der Interim Manager erhält somit eine Gutschrift, die genau diesen Nachweisen entspricht. Diskrepanzen oder Unklarheiten (etwa über Stundenanzahl oder Tagessatz) fallen sofort auf der Gutschrift auf und können schnell geklärt werden. Einige Unternehmen nutzen automatisierte Systeme, die dem Dienstleister sofort Rückmeldung geben, falls z.B. Mengen- oder Preisabweichungen vorliegen. Dies schafft Transparenz. Der Interim Manager profitiert von standardisierten Prozessen des Providers – Abrechnung und Dokumentation sind einheitlich und nachvollziehbar.
  • Planbarkeit und professionelle Darstellung: Da das Verfahren vorher vertraglich vereinbart ist, kennt der Interim Manager die Zahlungsintervalle und -bedingungen genau. Beispielsweise wird häufig monatlich oder zweiwöchentlich per Gutschrift abgerechnet. Dadurch ist das Einkommen planbarer. Zudem kann der Interim Manager gegenüber Banken oder Finanzamt die Gutschriftsbelege als Nachweis seiner Umsätze nutzen, was genauso akzeptiert wird wie eigene Rechnungen. Für neue Interim Manager kann es auch erleichternd sein, dass der Provider sie durch den Abrechnungsprozess führt (insbesondere bei komplexen Kundenanforderungen an Rechnungen, Stichwort PO-Nummern, Leistungsnachweise etc.). Kurzum: Das Outsourcing der Abrechnung an den Provider entlastet den Interim Manager organisatorisch.

Vorteile für den Provider (Interim-Management-Anbieter)

  • Kontrolle und Effizienz: Der Provider behält die Kontrolle über den Abrechnungsprozess. Er stellt die Gutschriften in eigenem System aus, was eine bessere Übersicht über Verbindlichkeiten erlaubt. Für ihn entfallen die Prüfung und Erfassung eingehender Rechnungen von Interim Managern – stattdessen erzeugt er selbst die Ausgangsbelege und kann sie intern verbuchen. Das spart Verwaltungsarbeit in der Kreditorenbuchhaltung. Insbesondere bei vielen gleichzeitig laufenden Projekteinsätzen mit verschiedenen Interim Managern standardisiert das Gutschriftverfahren den Prozess (alle Abrechnungen laufen gleich ab), was Fehler reduziert und Digitalisierung erleichtert (Stichwort E-Invoicing).
  • Weniger Streitfälle und Differenzen: Da der Provider die Abrechnung selbst erstellt, kann er Preis- und Mengenabweichungen vor dem Versand klären. Häufig basieren Gutschriften auf vereinbarten Rahmenvertragssätzen und vom Kunden bestätigten Leistungsdaten; so werden Preisdifferenzen reduziert. Der klassische Fall, dass ein Interim Manager versehentlich falsche Stundensätze abrechnet oder der Kunde Rechnungen wegen formaler Fehler zurückweist, wird vermieden. Beide Seiten haben mit dem Gutschriftbeleg eine gemeinsame Grundlage, was Missverständnisse minimiert. Das fördert eine reibungslose Zusammenarbeit und Rechtssicherheit in der Dokumentation (der Provider verweist etwa auf die Vertragsgrundlage in der Gutschrift, was auch steuerlich vorteilhaft sein kann).
  • Schnellerer Prozessfluss: Vom Leistungseingang bis zur Zahlung ist der Prozess beschleunigt. In der Industrie hat man mit dem Gutschriftverfahren gute Erfahrungen gemacht, weil Wareneingänge/Leistungen direkt bewertet und gutgeschrieben werden. Der Provider muss nicht auf Rechnungen der Interim Manager warten, sondern kann z.B. unmittelbar nach Monatsende alle Gutschriften erstellen. Das führt zu termingerechter Zahlung von Leistungen, was auch die Beziehungen zu Interim Managern stärkt (Attraktivitätsvorteil für den Provider am Markt). Zudem kann der Provider durch Bündelung effizient zahlen – manchmal werden mehrere Gutschriften zu einer Zahlung zusammengefasst, was den Zahlungsverkehr optimiert (z.B. eine Sammelüberweisung für alle Leistungen eines Monats, die in Einzel-Gutschriften dokumentiert sind).
  • Finanzielle Vorteile: Je nach Ausgestaltung kann der Provider auch finanzielle Spielräume nutzen. Manche Provider zahlen die Interim Manager per Gutschrift schneller aus, als sie selbst vom Endkunden bezahlt werden – das erhöht zwar kurzfristig ihren Cash-Bedarf, kann ihnen aber Verhandlungsvorteile bei Interim-Kandidaten verschaffen. Andere Provider synchronisieren die Gutschrift mit dem Kundenzahlungszyklus, sodass sie erst auszahlen, wenn der Kunde gezahlt hat. In jedem Fall hat der Provider durch die Selbstfakturierung volle Transparenz über seine Verbindlichkeiten und kann sein Working Capital steuern. Skonti oder Boni könnten ebenfalls leichter berücksichtigt werden: z.B. wenn im Vertrag ein Bonus für den Interim Manager vereinbart ist, kann der Provider dies direkt in der Gutschrift abrechnen (anstatt auf Korrekturrechnungen des Interim Managers zu warten).

Nachteile und potenzielle Herausforderungen (Interim Manager)

  • Abhängigkeit vom Provider (Kontrollverlust): Durch das Gutschriftverfahren gibt der Interim Manager einen Teil der Kontrolle ab. Er muss darauf vertrauen, dass der Provider pünktlich und korrekt abrechnet. Wenn der Provider die Gutschrift verspätet ausstellt, verzögert sich automatisch die Zahlung – der Interim Manager kann dies nicht durch “schnelleres Rechnungschreiben” beschleunigen. In der klassischen Rechnungsstellung könnte der Interim Manager z.B. direkt nach Leistung eine Rechnung senden und eigene Zahlungsziele setzen; beim Gutschriftverfahren ist er an den vom Provider vorgegebenen Abrechnungszyklus gebunden. Insbesondere bei projektexternen Verzögerungen (etwa der Endkunde prüft Stundenberichte sehr spät) kann es passieren, dass Gutschriften erst Wochen später erstellt werden. Das bedeutet einen Liquiditätsnachteil gegenüber einer Situation, in der der Interim Manager selbst sofort fakturiert hätte. Zwar verpflichten sich seriöse Provider zu festen Abrechnungsrhythmen, doch faktisch hat der Interim Manager weniger Eingriffsmöglichkeiten.
  • Bonitäts- und Ausfallrisiko: Beim Arbeiten über Provider besteht generell das Risiko, dass der Provider zahlungsunfähig wird oder Rechnungen (hier: Gutschriften) nicht begleicht. Dieses Kreditausfallrisiko trägt der Interim Manager ebenso wie bei eigener Rechnungsstellung – allerdings gibt es keine direkte Kundenbeziehung zum Endauftraggeber, die er alternativ nutzen könnte. Fällt der Provider aus, fehlt dem Interim Manager ein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegenüber dem Endkunden. Die Gutschrift als solche ist zwar ein Schuldanerkenntnis des Providers, aber wenn dieser insolvent wird, steht der Interim Manager als gewöhnlicher Gläubiger in der Reihe. Bei klassischer Rechnung an den Provider ist die Situation letztlich dieselbe. Wichtig ist, dass Interim Manager sich die Bonität des Providers anschauen, bevor sie einen Vertrag eingehen. Große, etablierte Interim-Providernetzwerke sind meist zuverlässig; bei kleineren oder unbekannten sollte man vorsichtig sein. Ein indirektes Bonitätsrisiko besteht auch darin, dass manche Provider erst zahlen, wenn der Endkunde zahlt – so kann die Zahlungsfrist faktisch vom Zahlungsverhalten des Kunden abhängen. Hier sollte vertraglich Klarheit geschaffen werden (Pay-when-paid-Klauseln sind für den Interim Manager nachteilig).
  • Initialer Aufwand und Umstellung: Die Einführung des Gutschriftverfahrens erfordert zu Beginn etwas Mehrarbeit und Vertrauen. Beide Parteien müssen das Verfahren vertraglich vereinbaren und ihre Buchhaltungen darauf einstellen. Für den Interim Manager bedeutet es u.U. eine Umstellung in seiner Buchführung: Er erhält „Eingangsbelege“ (Gutschriften) für eigene Leistungen, was buchhalterisch anders zu behandeln ist als eigene Ausgangsrechnungen. Er muss z.B. darauf achten, diese Gutschriftbelege lückenlos zu sammeln und wie Ausgangsrechnungen zu archivieren. Eventuell passt das Nummernschema der Gutschriften nicht zu seinem eigenen Rechnungskreis, was er intern abbilden muss. Diese administrativen Hürden lohnen sich meist erst bei längerfristiger oder wiederholter Zusammenarbeit. Bei einem einmaligen kurzen Einsatz wäre das Gutschriftverfahren vergleichsweise aufwendig (Vertragsvereinbarung, Systemeinrichtung etc.), während eine einfache Rechnung schneller ginge. Allerdings nutzen Interim Manager in der Regel Provider für wiederkehrende Projekteinsätze, sodass dieser Nachteil begrenzt ist.
  • Prüf- und Mitwirkungspflichten: Wie oben erwähnt, sollte der Interim Manager jede Gutschrift sorgfältig prüfen (Stundenzahl, Rate, Steuer etc.). Dieser Prüfaufwand ersetzt die eigene Rechnungsstellung und ist unerlässlich, um Fehler oder Unstimmigkeiten rechtzeitig zu erkennen. Versäumt er dies, können steuerliche Fallstricke oder finanzielle Nachteile entstehen (z.B. zu wenig abgerechnete Stunden, falscher Betrag). Im klassischen Modell würde er einfach eine korrigierte Rechnung schreiben; im Gutschriftmodell muss er beim Provider eine Berichtigung anstoßen, was Zeit kosten kann. Auch muss der Interim Manager ggf. Mitwirkung leisten, etwa Stundenlisten rechtzeitig einreichen, damit die Gutschrift erstellt werden kann. Kommt er dem nicht nach, verzögert sich die Abrechnung. Diese Abhängigkeit von beiderseitiger Kooperation erfordert Disziplin – allerdings gilt Entsprechendes auch beim normalen Rechnungsprozess (dort braucht man z.B. eine Leistungsbestätigung, bevor man fakturiert).

Nachteile und Herausforderungen (Provider)

  • Mehr Aufwand in der Fakturierung: Die Kehrseite der Medaille für den Provider ist der erhöhte interne Aufwand, da er die Rechnungsstellung für alle Interim Manager übernimmt. Er muss Systeme pflegen, die Gutschriften generieren, und sicherstellen, dass alle notwendigen Informationen (Steuernummern, USt-IdNr. der Manager, Leistungszeiträume etc.) vorliegen. Damit verlagert sich administrativer Aufwand vom Dienstleister auf den Provider. Besonders in der Startphase (Onboarding eines neuen Interim Managers) ist Sorgfalt nötig, um alle Stammdaten korrekt zu erfassen. Dieser Aufwand relativiert sich bei vielen Einsätzen und langfristigen Beziehungen, kann aber bei sehr kurzen Projekteinsätzen im Vergleich zur üblichen Lieferantenrechnung erhöht sein.
  • Haftungsrisiken bei Fehlern: Wenn der Provider die Rechnung ausstellt, trägt er ein gewisses Risiko für formelle Fehler. Ein falsch berechneter Umsatzsteuerbetrag oder eine Gutschrift an den falschen Adressaten kann für ihn zum Problem werden – z.B. Verlust des Vorsteuerabzugs und ggf. Haftung nach § 14c UStG für unberechtigt ausgewiesene Steuer. Zwar kann der Provider bei Fehlern Berichtigungen vornehmen, aber das bedeutet zusätzlichen Aufwand und unter Umständen Ärger mit dem Interim Manager oder dem Finanzamt. In der Praxis hat der Provider ein Interesse, alles 100% korrekt zu machen, was straffe Prozesse erfordert (Datenabgleich, Vertragsbezüge auf der Gutschrift etc.). Jeder Fehler könnte die Beziehung zum Interim Manager belasten (Vertrauensverlust) – z.B. wenn zu wenig Honorar gutgeschrieben wird oder falsche Steuer ausgewiesen wird und der Interim Manager nachträglich widersprechen muss.
  • Finanzierungsaufwand: Entscheidet sich der Provider, den Interim Manager sehr schnell zu bezahlen (z.B. innerhalb 10 Tagen unabhängig vom Kunden), übernimmt er faktisch eine Vorfinanzierung. Das kann seine Liquidität belasten, insbesondere bei großen Projektsummen. Er trägt dann das volle Ausfallrisiko gegenüber dem Endkunden, während der Interim Manager sein Geld bereits hat. Alternativ, wenn er erst nach Kundenzahlung gutschreibt, lädt er das Ausfallrisiko auf den Interim Manager ab (siehe oben). In jedem Fall muss der Provider sein Cash-Management gut im Griff haben, um Gutschriften pünktlich bedienen zu können. Dieser finanzielle Aufwand besteht zwar auch, wenn er normale Lieferantenrechnungen zahlen muss, jedoch hat er mit dem Gutschriftverfahren die Zahlungsverantwortung noch stärker proaktiv übernommen. Positiv für ihn ist allerdings, dass er durch die zentrale Steuerung auch Skonti vom Kunden direkt an den Interim Manager weitergeben oder einbehalten kann, je nach Vertragslage, ohne erst auf eine Gutschrift des Interim Managers zu warten.
  • Systemische Abhängigkeit und IT: Das Gutschriftverfahren erfordert oft IT-Schnittstellen (z.B. der Interim Manager lädt Stunden ins System hoch, der Provider generiert daraus Gutschriften). Technische Probleme oder Schnittstellenfehler können den Prozess stören. Der Provider ist dafür verantwortlich, dass sein System revisionssichere Belege erzeugt und z.B. jedem Gutschriftbeleg eine eindeutige Nummer gibt. Die Einführung oder Pflege solcher Systeme ist mit Kosten verbunden. Während große Provider (Automobilindustrie wird oft als Beispiel genannt) das seit Jahrzehnten standardisiert haben, kann es für kleinere Provider eine Herausforderung sein, dies sauber aufzusetzen. Der Interim Manager merkt davon zwar wenig, aber im Hintergrund trägt der Provider diese Last.

Risiken für den Interim Manager (im Vergleich zur klassischen Rechnungsstellung)

Aus den obigen Punkten ergeben sich einige spezifische Risiken und potenzielle Nachteile für Interim Manager, wenn sie per Gutschrift abrechnen lassen statt selbst Rechnungen zu stellen:
  • Bonitäts- und Ausfallsrisiko des Providers: Da der Interim Manager auf die Zahlung durch den Provider angewiesen ist, trifft ihn dessen Zahlungsfähigkeit unmittelbar. Im klassischen Modell (Rechnung an Provider) ist dieses Risiko identisch – es liegt also kein zusätzliches Risiko durch die Gutschrift an sich vor, außer dass der Interim Manager weniger Hebel hat. Er kann z.B. den Endkunden nicht kontaktieren, da keine direkte Vertragsbeziehung besteht. Tipp: Interim Manager sollten nur mit seriösen, zahlungskräftigen Providern zusammenarbeiten oder ggf. Vereinbarungen über Treuhandzahlungen treffen, um dieses Risiko zu mindern. Im Gutschriftverfahren dokumentiert der Provider seine Schuld in Form der Gutschrift; das ist ein Vorteil, weil der Interim Manager einen schriftlichen Nachweis über die Forderung hat. Doch bei Insolvenz des Providers hilft dies kaum – hier steht er wie ein normaler Gläubiger ohne Bevorzugung da.
  • Verspätete Zahlungen und Cashflow-Probleme: Wenn der Provider aus irgendeinem Grund die Gutschrifterstellung oder Zahlung verzögert, gerät der Interim Manager in einen Liquiditätsengpass, obwohl er seine Leistung bereits erbracht hat. Bei eigener Rechnungstellung könnte er zumindest Verzugszinsen geltend machen oder früher Mahnen. Im Gutschriftverfahren sind die vertraglichen Zahlungsziele entscheidend – hält der Provider diese nicht ein, muss der Interim Manager mahnen wie ein Gläubiger. Die Erfahrung zeigt zwar, dass viele Provider pünktlich zahlen (es ist ja in ihrem Interesse, attraktiv für Interim Manager zu sein), aber es besteht das Risiko von Projektverzögerungen: Etwa wenn der Endkunde die Abnahme der Leistung verspätet bestätigt, zieht sich die gesamte Kette hinaus. In solchen Fällen sitzt der Interim Manager in der Warteschleife. Dieses Risiko ist höher, je komplexer die Abnahmeprozesse beim Kunden/Provider sind. Vergleich: Bei eigener Rechnung könnte der Interim Manager theoretisch auch ohne Kundenabzeichnung fakturieren und zur Not streitige Posten ausdiskutieren; beim Gutschriftverfahren wird er in der Regel erst abgerechnet, wenn alles geklärt ist – was im Zweifel länger dauert, aber dafür die Rechnung korrekt ist.
  • Steuerliche Fallstricke & formale Fehler: Das Gutschriftverfahren verlangt Wachsamkeit, um steuerliche Probleme zu vermeiden. Beispiele:
    • Doppelabrechnung: Der Interim Manager darf nicht versehentlich selbst eine Rechnung schreiben, wenn der Provider per Gutschrift abrechnet – sonst läge die Leistung doppelt fakturiert vor (einmal Rechnung, einmal Gutschrift), was zu Chaos bei der Umsatzsteuer führen würde. Daher muss klar intern kommuniziert werden, dass für dieses Projekt keine Eigenrechnung erstellt wird.
    • Falscher Steuerausweis: Wie erwähnt, kann ein falsch ausgewiesener Umsatzsteuerbetrag unangenehme Folgen haben. Wenn z.B. der Interim Manager umsatzsteuerbefreit ist (Kleinunternehmer oder Auslandsleistung) und der Provider dennoch 19% USt in der Gutschrift anführt, schuldet der Provider diese Steuer dem Finanzamt. Der Interim Manager müsste dann umständlich klarstellen, dass er kein Umsatzsteuer ausweisen darf, und auf Korrektur drängen. Solche Fehler können zwar korrigiert werden, bedeuten aber Aufwand und ggf. temporäre Rechtsunsicherheit.
    • Adressierung und Formalien: Falls der Provider die Gutschrift an falsche Firmendaten adressiert (etwa der Interim Manager hat inzwischen die Rechtsform gewechselt oder eine neue Adresse), kann der Vorsteuerabzug des Providers gefährdet sein und der Interim Manager gerät in Erklärungsnot, wem die Leistung nun zuzurechnen ist. Ein aktuelles BFH-Urteil hat zwar klargestellt, dass ein Verweis auf den Vertrag genügen kann, um den Leistenden zu identifizieren, selbst wenn die Rechnungsadresse abweicht. Dennoch: Unstimmigkeiten in den Formalien können zu Prüfungen durch das Finanzamt führen. Der Interim Manager sollte also sicherstellen, dass der Provider stets seine aktuellen Unternehmensdaten (Adresse, Steuer-Nr./USt-IdNr.) verwendet.
    • Widerspruchsrecht und Fristen: Zwar ist der Widerspruch gegen eine Gutschrift grundsätzlich unbefristet möglich, aber praktisch sollte der Interim Manager schnell reagieren, wenn etwas nicht stimmt. Tut er das nicht und verbucht die Gutschrift, gilt sie als akzeptiert. Spätere Änderungen könnten schwierig werden. Dieses Spannungsfeld gibt es bei eigenen Rechnungen weniger – dort hat er die Fehlerquelle selbst in der Hand.
  • Erscheinungsbild und Dokumentation: Manche Interim Manager empfinden es als Nachteil, dass sie keine “eigenen” Rechnungen an den Kunden vorweisen können. Gerade Einzelunternehmer legen Wert auf eine fortlaufende Rechnungsnummer und einheitliches Layout ihrer Geschäftsdokumente. Beim Gutschriftverfahren taucht stattdessen die Rechnung des Providers (mit dessen Briefkopf und Nummernkreis) in der eigenen Buchhaltung als Erlösdokument auf. Das kann z.B. die Darstellung im eigenen Controlling oder bei Banken beeinflussen, die vielleicht die eigenen Ausgangsrechnungen als Indikator heranziehen. Allerdings erkennen die meisten, dass Gutschriften gleichwertige Belege sind. Dennoch sollte der Interim Manager in seinem System ggf. notieren, welche Gutschriften welchen Rechnungszeiträumen entsprechen, um den Überblick zu behalten (gerade wenn er parallel andere Auftraggeber mit normaler Rechnung bedient). Ein organisatorisches Risiko ist, dass man einen Gutschriftsbeleg übersehen könnte, da er nicht aus dem eigenen System stammt – beispielsweise wenn er per E-Mail im Spam landet. Dann würde man die Einnahme evtl. nicht verbuchen oder versteuern. Hier helfen klare Absprachen (z.B. „Gutschriften werden jeweils bis zum 5. des Folgemonats per Mail zugestellt – bitte nachfragen, falls nicht erhalten“).
Zusammengefasst liegen die Risiken für den Interim Manager weniger im steuerlichen Bereich (bei korrekter Anwendung ist das Verfahren rechtssicher) als vielmehr im operativen und finanziellen Bereich: Er begibt sich in eine gewisse Abhängigkeit vom Provider in Bezug auf Abrechnungstempo und Korrektheit. Viele dieser Risiken lassen sich durch sorgfältige Vertragsgestaltung und Auswahl seriöser Partner minimieren. Die klassische Rechnungsstellung gibt dem Interim Manager etwas mehr direkte Kontrolle – er stellt selbst die Forderung und kann eigenständig mahnen –, während das Gutschriftverfahren auf Vertrauen und reibungslose Prozesse beim Provider basiert. Dafür bietet das Gutschriftverfahren – wenn es gut umgesetzt ist – erhebliche praktische Vorteile, wie Zeitersparnis und schnelle Zahlungen, was für viele Interim Manager den Ausschlag gibt, dieses Modell zu nutzen.
Aktuelle Urteile und Änderungen: Neue Gerichtsentscheidungen (z.B. BFH-Urteil XI R 41/20 aus 2023) bestätigen im Wesentlichen die bestehenden Grundsätze, mahnen aber zur Vorsicht bei Fehlern in Gutschriften. So hat der BFH klargestellt, dass z.B. die falsche Bezeichnung des Leistenden auf einer Gutschrift nicht zwingend den Vorsteuerabzug zerstört, wenn klar ersichtlich ist, wer gemeint ist. Zudem wurde diskutiert, inwieweit Nichtunternehmer (für Interim Manager weniger relevant) von Gutschriften betroffen sein können. Gesetzgeberisch sind im Jahressteuergesetz 2024 kleinere Anpassungen geplant, um Missbrauch auszuschließen (etwa Sicherstellung, dass Gutschriften nur unter Unternehmern angewandt werden). Für die Praxis der Interim Manager in Deutschland bleiben die Spielregeln aber unverändert: Das Gutschriftverfahren ist eine sinnvolle Option, die im Rahmen der geltenden Gesetze Vorteile bringen kann, aber bewusst gemanagt werden muss, um Nachteile und Risiken zu vermeiden.

Nach bestem Wissen und Gewissen. Keine Rechtsberatung. Kein Anspruch auf Richtigkeit. Keine Gewähr.